Suzuki TL 1000 R

Ich hatte im August 1998 das Vergnügen, einen kurzen (400km) Proberitt auf der TL1000R nehmen zu dürfen. Da ich zufällig einen Fotoapparat einstecken hatte und zufällig zwei Motorradfahrer im Infield der Appauskurve am Feldberg rumhingen, ließ ich bei dieser Gelegenheit auch ein paar Bilderchen schiessen (die ich nur ganz unwesentlich digital nachbearbeitet habe ;-).
Der Einfachheit halber hänge ich den Fahrbericht an, den ich schon in der newsgroup de.rec.motorrad gepostet habe.

Gehört sich das mit einem Motorrad, das einem nicht gehört ?!
 

Hier nun der in drm gepostete Bericht:
 

Hallihallo, verehrteste Leserschaft!

Ich habe mal wieder etwas erlebt, was ich Euch nicht vorenthalten moechte: Gestern abend kam meine DR 350 in die Werkstatt, und auf die Frage, mit was ich mich denn nun fuer die Zeit der Reparatur fortbewegen solle (ich hatte sicherheitshalber die Hose mit den Pads angezogen ;-) sagte mir der freundliche Verkaeufer "Die TL 1000 R kannste haben".
Nun, ich wollte ihm nicht widersprechen und somit begab es sich, dass ich gestern abend und heute ca. 400km auf diesem Geraet zuruecklegen durfte (ich hab' heute mir sozusagen etwas Urlaub gegoennt).
Hier also mein Fahrbericht von diesem netten kleinen Sportgeraet:

Sitzposition:
Die Sitzposition ist natuerlich recht sportlich ausgelegt, d.h. Stummel unter der Gabelbruecke, Rasten relativ weit hoch und hinten. Der Tank ist durchschnittlich lang bis kurz, was mir prinzipiell sehr angenehm erscheint. Leider ist er auch im Bereich der Oberschenkel recht breit, was die Rumturnerei etwas erschwert (musste ich natuerlich ausprobieren, wenn die Fotos was geworden sind, wird das auch im Netz dokumentiert :-). Die Sitzhoehe ist relativ hoch, das Polster recht bequem und relativ dick aber straff gepolstert. Der Windschutz reicht gerade mal bis zu den Schultern, um die Instrumente ablesen zu koennen, muss man den Kopf deutlich senken, sonst sieht man nur die Kante der Verkleidungsscheibe.

Fahrwerk / Reifen:
Trotz des 190er Schlappens hinten macht die TL 1000R einen ganz und gar nicht unhandlichen Eindruck. Die Suzi laesst sich bei maessigen Geschwindigkeiten (bis ca. 140) leicht abwinkeln (nicht ganz so leicht wie die FZRR auf BT56, aber absolut ausreichend) und ist bis zu einem bestimmten Winkel sehr neutral in Schraeglage. Nach diesem gewissen Punkt klappt sie etwas mehr ein, was aber auch nicht wirklich schlimm ist, wenn man sich dran gewoehnt hat.
In groesserer Schraeglage vermittelt der Z3 Race ein nicht ganz so sattes Gefuehl wie der BT56, auf Korrekturen reagiert er etwas unruhig. In schnelleren Wechselkurven ist ein recht kraeftiger Zug am Lenker erforderlich, um die gewuenschte Linie zu treffen.
Das Bremsen in Kurven geht ganz wunderbar und mit Grip hatte ich auch keinerlei Probleme. Allerdings war's ja auch nicht mein Mopped... Die Bremsen sind uebrigens eine Offenbarung: Wunderbar herzlich zupackend (in den allermeisten Faellen reicht ein Finger) und schoen zu dosieren. Kein Vergleich zu den Stoppern der FZRR.
Eine etwas unangenehme Eigenheit hat die Suzi beim Ueberfahren von Unebenheiten in Kurven. Dann faengt die ganze Fuhre deutlich an zu wackeln, und das Vorderrad wird sehr unruhig - besonders in schnellen Passagen macht das eigentlich ueberhaupt keinen Spass mehr.
Auf ebener Strecke zieht die dicke Japanerin aber absolut tadellos und stabil ihre Bahn.
Alles in allem fand ich das Fahrwerk von der Qualitaet und Grundabstimmung der Federelemente her sehr brauchbar, aber die
ausgepraegten Fahrwerksreaktionen bei Unebenheiten truebten das Vertrauen doch ein wenig. Die Metzeler sind bis auf das kleine Manko (leichtes Abklappen in grosser Schraeglage) sehr schoen neutral, geben aber auch nicht unbedingt das ultimative Feedback ans Popometer. Auch hier sind sie halt irgendwie neutral...

Motor
(übrigens die offene Version)
...das beste zum Schluss! MEINE FRESSE, mit was fuer einer  LUFTPUMPE gebe ich mich eigentlich die ganze Zeit ab?? Der Motor der TL 1000 R ist am besten mit einem Wort zu beschreiben: Souveraen!
Das Ding klingt schon im Stand ganz nett (nicht wie eine Duc, aber schon in die Richtung gehend) und zieht bereits ab kleinsten Drehzahlen (3k) ganz brauchbar an. Ab 5500 wird's schon interessanter und ab ca. 7000 gibt's echten DRUCK! Drehzahllimit (redline) ist irgendwo kurz vor 11000 und das nutzbare Drehzahlband fuer die Landstrasse ist ein sehr langes. Mit dem Teil unter dem Hintern braucht man sich nicht mehr staendig Gedanken zu machen, wieviele Gaenge man denn vor dem Ueberholmannoever
wohl runterschalten muss...
Bei den ersten Versuchen mit Vollgas habe ich mich ansatzweise in die Zeiten zurueckversetzt gefuehlt, wo ich erstmals die FZRR ausgedreht habe, auf jeden Fall hatte ich ganz gehoerigen Respekt. Vollgas brauchts mit der Maschine sowieso nur in Extremsituationen, normales Vorbeiziehen an Autoschlangen geht laessig bei mittlerer Drehzahl und Halbgas. Beim Beschleunigungsversuch auf der Dosenbahn wollte das gute Stueck ueberhaupt nicht mehr aufhoeren zu ziehen, selbst bei Tacho 240 geht noch eine deutliche Geschwindigkeitsveraenderung vonstatten, bei 255 musste ich den Hahn leider wieder zudrehen, weil ein paar Dosen in sichtbarer Entfernung herumstanden.
Der Lenkungsdaempfer ist auch alles andere als ueberfluessig, beim Herausbeschleunigen wird das Vorderrad schon bei mittleren Drehzahlen sehr leicht.
Leider gibt's auch am Motor was zu bemaengeln, und zwar die etwas seltsame Gasgriffreaktion. Bei sanfter Beschleunigung zieht die Suzi recht unregelmaessig an, noch schlimmer ist's innerorts. Bei konstanter Gasgriffstellung ruckelt das Teil unmotiviert, als wuerde man unter unkontrolliertem Handgelenkszucken leiden. Beim Aufreissen kommt der Einsatz mal spontan, mal mit einer kleinen Andachtssekunde.

Fazit:
Vom Fahrwerk war ich insgesamt nicht uebermaessig begeistert, es ist zwar recht handlich und mit guten Federelementen ausgestattet, aber die Reaktionen auf Bodenwellen lassen das richtige Vertrauen nicht aufkommen.
Der Motor ist hingegen ein absoluter Hammer, wie gesagt, einfach nur souveraen. Ganz laessig kann man damit fast alles im Rueckspiegel verschwinden lassen, was nicht gerade das Kuerzel "ZX9R", "R1" oder "916" auf dem bunten Plastikkleid traegt. Dolles Ding!

Steffen, der sich demnaechst wieder mit jaemmerlichen 98PS und unter
70 Nm durch die Gegend quaelen muss ;-)


  ...und Tschüß!